Schätzungen der UNO gehen davon aus, dass im Jahr 2022 bis zu 783 Millionen Menschen auf der Welt von Hunger betroffen waren. Das sind 122 Millionen Menschen mehr als vor Covid-19. So ist die Zivilbevölkerung in Syrien, Somalia, Sudan, Afghanistan und Jemen – um nur einige Kontexte zu nennen – akut von Hunger bedroht. Die Entscheidung Russlands, die Schwarzmeer-Getreide-Initiative zu sistieren, wird die ohnehin prekäre Ernährungsunsicherheit in vielen Teilen der Welt noch weiter verstärken. Zudem hat der Klimawandel unabsehbare und langfristige Konsequenzen und trifft zuerst die Ärmsten und jene, die bereits von Kriegen betroffen sind.

«Krieg verursacht Hunger und Hunger verursacht Krieg», erklärte Adrian Hauri, stellvertretender Missionschef der Schweiz bei der UNO in New York und Chargé d’affaires, im UNO-Sicherheitsrat am 3. August. Die Schweiz hatte im Rahmen ihrer eigenen Präsidentschaft im Mai die Wechselwirkung zwischen bewaffneten Konflikten, damit verbundenen Völkerrechtsverstössen und Ernährungssicherheit anlässlich der hochrangigen Debatte zum Schutz der Zivilbevölkerung unter der Leitung von Bundespräsident Alain Berset im Rat diskutiert. Im Fokus stand damals der Zugang der Zivilbevölkerung zu lebensnotwendigen Gütern und Grunddienstleistungen, wie Nahrung, Wasser oder medizinischer Versorgung.

Mit der Verabschiedung einer Resolution im Jahr 2018 anerkannte der Sicherheitsrat die Notwendigkeit, den Teufelskreis von bewaffneten Konflikten und Ernährungsunsicherheit zu durchbrechen. Die Schweiz unterstrich am heutigen Ratsbriefing zum Thema Ernährungssicherheit, das von den USA organisiert wurde, drei Handlungsfelder, damit Hungersnöte im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten und Gewalt vorgebeugt werden kann:

Einerseits müssen Konfliktparteien das humanitäre Völkerrecht zwingend einhalten. Das heisst, sie müssen zum Beispiel den Schutz von ziviler Infrastruktur wie Märkte oder Versorgungsketten gewährleisten, das Verminen von Ackerland unterlassen, der Zivilbevölkerung Zugang zu sauberem Wasser ermöglichen und Bedürftigen ungehinderte humanitäre Hilfe garantieren.

Andererseits muss der Kampf gegen die Straflosigkeit von Konfliktparteien, welche das Aushungern der Zivilbevölkerung als Kriegsmethode anwenden, vorangetrieben werden. Das hat auch eine präventive Wirkung. Die Schweiz fordert, dass die Verantwortlichen für solche Verbrechen stärker zur Rechenschaft gezogen werden und den Opfern dieser unmenschlichen Verbrechen Gerechtigkeit widerfährt. Hauri nutzte zudem die Gelegenheit, um für die von der Schweiz initiierten und vorangetriebenen Änderung des Römer Statuts zu werben, wonach das Aushungern als Kriegsverbrechen geahndet werden kann.

Zudem haben Ernährungskrisen in Konfliktsituationen oft ein weibliches Gesicht. Frauen und Mädchen sind jene, die als Letzte und zu wenig essen. Gleichzeitig suchen sie auch aktiv nach Überlebensstrategien und tragen so zur Lösungsfindung bei. Deswegen betonte die Schweiz im Rat, dass die Massnahmen zur Verbesserung der Ernährungssicherheit auch die Geschlechterperspektive berücksichtigen müssen.

Ein leerer Magen kann nicht die Grundlage für einen nachhaltigen Frieden sein. «Politische Lösungen für Konflikte müssen Teil unseres globalen Ansatzes sein, um den Hunger zu beseitigen, den Zugang zu ausreichender und angemessener Nahrung für alle zu gewährleisten und widerstandsfähige, integrative und nachhaltige Nahrungsmittelsysteme zu fördern», betonte Hauri in New York.

Statement der Schweiz zu Hunger und Konflikt, UNO-Sicherheitsrat, 03.08.2023 (en)